Vor genau einem Jahr am 30.05.2013 habe ich das Fahrzeug übernommen. Geplant war es ca. 30-35.ooo km/Jahr damit zurückzulegen. Durch verschiedene Umstände wurden es dann ein paar mehr.

Es ist also eine gute Gelegenheit nach einem Jahr und gut 50.oookm die gemachten Erfahrungen zu schildern. Ich gebe zu, daß ich mir vor der Beschaffung des Autos durchaus Gedanken gemacht habe, ob es wohl eine gute Entscheidung wäre eine so neue und noch wenig erprobte Technik wie den Diesel Plug-In Hybrid bei einem eher kleinen Hersteller wie VOLVO zu erwerben. Bisher erwiesen sich diese Sorgen als überwiegend unbegründet. Die folgenden Ausführungen werde ich so gut wie möglich objektiv darstellen, sie stellen jedoch immer meine persönliche Meinung dar. Um das Lesen zu vereinfachen werde ich das Ganze in Unterkapitel gliedern, damit der Leser sich die für ihn interessanten Themen heraussuchen kann.

Allgemeines zum Fahren mit dem V60 D6 AWD Plug-In Hybrid
Auch nach 50.oookm hat die Faszination für die Antriebstechnik noch nicht nachgelassen. Ein paar Schwächen haben sich zwar offenbart (dazu mehr bei den Fahrmodi) aber es macht noch immer viel Spaß mit dem Auto unterwegs zu sein, was für einen Vielfahrer durchaus wichtig sein kann. Aus meiner Sicht sollte man aber bereit sein ein paar Besonderheiten des Antriebs beim Fahren zu berücksichtigen, um den vollen Nutzen aus der Technik ziehen zu können. Trotzdem wird sich der Aufpreis zu einem normalen D5 AWD bei meinem Fahrprofi l vmtl. nie kaufmännisch rechnen. Ist man als Dienstwagenfahrer ehrlich zu sich selbst ist das aber auch selten das Hauptaugenmerk, sonst würde man wohl anstelle von diversen Audi, Bmw oder Mercedes-Modellen nur Golf Variant auf der Autobahn vorfinden.

Fahrprofil
Das Fahrzeug wird überwiegend als Pendler- bzw. Kundenbesuchsauto eingesetzt, hieraus ergibt sich ein geschätzter Autobahnanteil von 70-75% die übrige Laufleistung verteilt sich zu gleichen Teilen auf Landstrassen und Stadt. Meist besteht die Möglichkeit am Startort den Akku vor Fahrtantritt voll aufzuladen, Zwischenladungen bei Kunden oder an öffentlichen Ladestationen sind bisher nie erfolgt.  

Verbräuche / Verschleißteile
Auf den 50247 km wurden insgesamt 3376,38 L Diesel für 4598,84 € und  1876,6 kWh Strom nachgetankt. Daraus errechnet sich ein
Dieselverbrauch von 6,72 L / 100km und ein
Stromverbrauch von 3,73 kWh / 100km

Mit einem durchschnittlichen Dieselpreis von 1,36€/L und 0,24€/kWh errechnet sich ein kombinierter Verbrauch von  7,38 L / 100km

Auf der Autobahn sind Verbräuche über 10L bei freier Strasse und Dauertempi über 200 problemlos möglich, normalerweise bewegen sich die reinen Autobahn-Verbräuche zwischen 7-8L  im Schnitt. Dieser Schnitt beginnt sofort zu sinken, wenn man die BAB verläßt und elektrisch weiterfährt.

Bisher sind noch alle Bremsen und übrigen Verschleißteile in tadellosem Zustand, bei der 30.oookm Inspektion wurde nur das Öl gewechselt

Ausfälle / Pannen
Dieser Punkt hatte mir die Hauptsorgen gemacht. Würde das Fahrzeug aufgrund der komplexen Technik mehr in der Werkstatt stehen als auf der Strasse zu fahren? Hier kann ich Entwarnung geben. Außer einem einzigen Totalausfall war das Auto immer fahrbereit. Allerdings war dieser Ausfall sehr unangenehm da nach und nach alle Systeme bis hin zur Lenkung und Bremse ausfielen. Nach 10min. Standzeit war dann alles wieder normal und auch in der Werkstatt konnte nichts gefunden werden, es fand nur ein Update der Softwaren statt. Ansonsten gab es nur Hin und Wieder Ausfälle der elektrischen Antriebseinheit, diese waren aber meist nach einem Neustart von allein wieder behoben.  Fahren war jederzeit möglich, da einfach der Diesel übernahm. Kritisch könnte es höchstens mal in extremen Fahrsituationen werden, wo der Allradantrieb benötigt würde.

Fahrmodi
Die folgende Nutzung der Fahrmodi hat sich für mich als die sinnvollste herauskristallisiert

Hybrid
Dieser Modus ist immer der beim Start automatisch aktive, er aktiviert sich auch selbstständig wenn der Akku zu leer für Pure ist, oder das Automatikgetriebe auf Manuell geschaltet wird. Bei meinem Fahrprofil nutze ich Hybrid nur sehr selten. Am sinnvollsten nutzbar ist es auf Landstrassen mit häufigen Ortsdurchfahrten. Hier zieht das Beschleunigen nach dem Ortsschild am meisten am Akku und so tritt man einfach etwas beherzter aufs Gas um dem Diesel das Erreichen der Landstrassengeschwindigkeit zu überlassen. Die Rollphase danach übernimmt dann wieder der E-Motor. Auf der Autobahn hat Hybrid den Riesennachteil, das der Akku leergezogen wird auch wenn man per manueller Schaltgasse den Diesel dauerhaft betreibt. Die zweite Nutzung von Hybrid ist bei mir bergab zum Rekuperieren, es gibt auf meinen Standardstrecken reichlich Bergabstücke, bei denen das Fahrzeug auf Pure zu schnell würde. Hier stelle ich anstatt zu bremsen auf Hybrid und die dann etwas stärkere Rekuperation (Generatorbremse) erlaubt es oft ohne Bremspedaleinsatz auszukommen. Mit einer Kombination aus Hybrid bergab und Save bergauf läßt sich bei passendem Gelände sogar der Akku wieder komplett aufladen um im Flachland zur Verfügung zu stehen.
Tip: Schaltet sich an einem kalten Morgen beim Losfahren –trotz vollgeladenem Akku- der Diesel zu: Einfach mal im Lenkradmenü den Status der Automatischen Zuheizung checken. Steht diese auf „Aus“ und es ist zu kalt draussen wird die 158KW Heizung angeworfen.

Pure
Dies ist mein Standardfahrmodus innerorts und in langsamen Autobahnbaustellen. In diesem Modus fand auch bei mir der größte „Umerziehungseffekt“ statt. Bis heute vor einem Jahr habe ich mir über die Vernichtung von Bewegungsenergie per Wärmeerzeugung, oder profaner: Bremsen, nie wirklich Gedanken gemacht. Kam ich an eine rote Ampel habe ich halt kurz davor gebremst und bin bei Grün wieder „draufgestiegen“ bis zur nächsten roten Ampel. Fährt man bewußt mit dem Modus Pure bemerkt man irgendwann wie früh das Fahrpedal vor einem kommenden Stoppunkt, egal ob Ampel, Kreuzung, Stau losgelassen werden kann und die gespeicherte kinetische Energie einen trotzdem problemlos dorthin bringt ohne weitere Energie aufzuwenden. Auf einigen meiner Standardstrecken führte das inzwischen dazu, das ich zwischen zwei Ampeln nur noch auf max. 30km/h beschleunigen. Das Hupen hinter mir verstummt immer spätestens dann, wenn ich exakt beim Umspringen auf Grün die zweite Ampel erreicht habe. Der Energiespareffekt –ohne jeglichen Zeitverlust!- wird den hinter mir Fahrenden wahrscheinlich trotzdem verborgen bleiben. Pure hat gegenüber von Hybrid auch den Vorteil der erheblich höher liegenden Schaltschwelle des Diesels, d. h. man kann beherzter aufs Gas treten, ohne das die Technologie aus einem längst vergangenen Jahrhundert ihr lärmendes Werk aufnehmen muß.
Tip: Auf Pure ist normalerweise die Klimaanlage deaktiviert, da der Klimakompressor sehr viel Strom verbraucht. An heissen Tagen muß man trotzdem nicht auf Hybrid schalten, einfach die AC-Taste drücken und die Klimaanlage springt an.

Power
In diesem Modus arbeiten immer beide Motoren zusammen, die Gänge der Automatik drehen höher und es wird früher heruntergeschaltet. Vor ein paar Jahren hätte ich das bestimmt toll und sportlich gefunden heute ist mir das schlicht zu halbstark. Sinnvoll nutzbar ist der Modus Power für mich nur auf viel befahrenen Landstrassen, ow ich vor anstehenden Überholmanövern auf Power schalte, um zum Einen die Behäbigkeit der Automatik beim Kickdown zu umgehen und zum Anderen die 68 Zusatz-PS beim Beschleunigen zur Verfügung zu haben.

AWD
Auch in diesem Modus arbeiten beide Motoren zusammen, jedoch ohne Pseudosportlichkeit aufgrund erhöhter Drehzahlen. Dank des nicht eingetretenen Winters 2013/14 ergaben sich noch nichtt viele Möglichkeiten den Allrad zu testen, jedoch zeigte sich schon bei den ersten Versuchen, daß er einem konventionellen Allrad unterlegen ist. Wie bei jedem anderen Fronttriebler rutschen die Vorderräder nach Halt suchend rechts und links über die Strasse. Im Gegensatz zum Frontler schiebt aber zusätzlich die Hinterachse mit und beginnt das Fahrzeug zum Aussenrand der Strasse zu drängen. Das ESP scheint in diesem Fall völlig überfordert auch kann man nicht wie bei einem konventionellen Allrad das Lenken durch einen kurzen Gasstoß unterstützen. Ich werde mir das im nächsten Winter nochmals genauer anschauen, aber die Souveränität eines echten Allradlers der mit vier wild durchdrehenden Rädern jeden schneebedeckten Berg erklimmt sollte man vom PiH eher nicht erwarten.

Save
Der von mir am häufigsten genutzte Modus, da dieser die einzige Möglichkeit ist auf der Autobahn nicht den Batteriestrom zu ver(sch)wenden. Save lädt den Akku bis zu einer Restreichweite von 20km und hält diesen Ladezustand dann. Aktiviert man Save bei einer höheren Akkuladung wird diese als zu halten interpretiert. Auf diese Weise stehen nach Verlassen der Autobahn noch ausreichende Stromreserven zur Verfügung. Möchte man zudem noch verhindern, daß der Diesel bei jedem Bremsmanöver unter 120km/h ausgeht, nur um kurz darauf wieder angeworfen zu werden, kann man den Schalthebel noch in die manuelle Stellung bringen, dann läuft der Diesel immer durch, evtl. Schaltvorgänge muß man dann aber selber ausführen.

Die beiden wichtigsten Modi wurden leider nicht implementiert: Ein reiner E-Modus und ein reiner Dieselmodus. Da hilft nur ein sorgsamer Umgang mit dem Fahrpedal, bzw. die Nutzung der manuellen Getriebeposition.

Allgemeines
Die prinzipielle Qualität/Verarbitung des Autos läßt derzeit auch noch nicht zu wünschen übrig. Das Leder des Fahrersitzes zeigt ohne jede Pflege noch keine Abnutzung und auch die übrigen Materialien sehen noch gut aus. Einzig das Alu-Kunstoffimitat an den Türen und der Mittelkonsole sieht nicht mehr so schön aus, wie z. B. das 7 Jahre ältere im Audi meiner Frau. An die Materialanmutung meiner Daimlers zuvor kommt der V60 jedoch locker heran. Betrachtet man das Äußere mit Argusaugen, so wird man ein paar nicht perfekte Spaltmasse entdecken, dies fällt aber auch nur dann auf, wenn man sich darauf konzentriert solche "Fehler" zu finden.


Ein großes Problem des V60 D6 AWD

weniger für mich als für VOLVO ist, daß das Fahrzeug Lust auf mehr macht. Um genau zu sein nimmt er die "Angst" vor einem reinen E-Fahrzeug. Mit etwas gutem Willen kommt man recht nah an die Werksangabe der E-Reichweite und mit einem Tesla X z. B. und den Superchargern von Tesla käme man wahrscheinlich genauso gut durch D wie derzeit mit einem Plug-In-Hybrid. Erstmal wird die Reise mit dem V60 weitergehen, wenn aber dessen Ablösung ansteht könnte ich mir gut vorstellen auf ein reines E-Auto zu wechseln.